„Sollen wir einfach abstimmen oder brauchen wir einen Konsens?“ ist häufig zu hören, wenn in einer Gruppe Entscheidungen getroffen werden sollen. Beide demokratischen Entscheidungsmodi haben ihre Vor- und Nachteile. In dieser WochenendAkademie wollen wir ein alternatives Verfahren kennenlernen: Das Systemische Konsensieren. Bei diesem Entscheidungsverfahren werden Vorschläge nicht nach ihrer Zustimmung bewertet, sondern danach, wie viel Ablehnung oder Widerstand sie erzeugen. Auf diese Weise sollen effektiv tragfähige, demokratische Entscheidungen getroffen werden, ohne dabei Einzelinteressen zu übergehen. Denn es wird für jede einzelne Lösung das Ausmaß des gesamten Widerstands der Gruppe ermittelt.
Während des Trainings lernt Ihr die theoretischen Grundlagen der Methode kennen und erprobt anhand von Simulationen die praktische Umsetzung. Außerdem werden wir uns mit den Chancen und Herausforderungen der Methode zur Umsetzung im politischen System befassen: Wir haben dafür Verantwortliche aus der österreichischen Gemeinde Munderfing, die das Systemische Konsensieren seit mehreren Jahren erfolgreich als Bürger*innenbeteiligungsverfahren einsetzen, angefragt.
Davon ausgehend diskutieren wir weitere Potentiale der Methode als demokratische Innovation: Könnte beispielsweise die Wahl für den Stadtrat danach entschieden werden, welche Kandidat*innen am wenigsten „Widerstand“ der Wähler*innen auslösen? Lassen sich Gesetze auf diese Art beschließen?
Die Veranstaltung ist ausgebucht, wir haben eine Warteliste eingerichtet und benachrichtigen Euch, sobald ein Platz frei wird.
Hinweis: Die Veranstaltung wird unter den zum Zeitpunkt des Seminars geltenden Corona-Schutzvorschriften durchgeführt. Die Unterbringung erfolgt in max. 2-Bett-Zimmern. Die Teilnehmendenzahl ist begrenzt und wir werden Euch vor Seminarbeginn die dann zu beachtenden aktuellen Hinweise bezüglich der Schutzmaßnahmen mitteilen.
Programm
1. Tag
Anreise bis 18:00 Uhr
Entscheidungsfindung in der Demokratie
Einführung aus politiktheoretischer Perspektive
Demokratisches Miteinander in der Praxis
Gruppenaktivität nach der israelischen „Betzavta“-Methode
2. Tag
Die Grundlagen des Systemischen Konsensierens
Vorstellung des Modells sowie der Umsetzung der Methode anhand eines Entscheidungsprozesses
Die Feinheiten des Ansatzes unter der Lupe
Auseinandersetzung mit dem Konzept der Passivlösung, Prozess- und Inhaltsentscheidungen, strategischem Verhalten
Anwendung eines erweiterten SK-Prozesses im Selbstversuch
am Beispiel einer politischen Entscheidung
3. Tag
Systemisches Konsensieren als Innovation für das demokratische System?
Einführung in das Konzept der demokratischen Innovation und Diskussion
Best-Practice-Beispiel: Der Einsatz von SK als Instrument der Bürger*innenbeteiligung
Videokonferenz mit Verantwortlichen der österreichischen Gemeinde Munderfing, die SK als weltweit erste Kommune einsetzen (angefragt)
Das Seminar endet um 15:00 Uhr.
Seminarteam
Marvin Müller ist freiberuflicher Trainer in der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung, der 2018 in der Moderation von Entscheidungsprozessen mit dem Systemischen Konsensieren ausgebildet wurde. Er studiert im Master Politikwissenschaften an der Freien Universität Berlin und arbeitet am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung in der Abteilung „Demokratie und Demokratisierung“. Als Teilnehmender der FerienAkademien fand Marvin zum v.f.h. und engagiert sich seitdem auch bei uns als Seminarleiter und Trainer.
Isabelle Paul ist Masterstudentin im Fach Politikmanagement, Public Policy und öffentliche Verwaltung an der NRW School of Governance und steht kurz vor ihrem Studienabschluss. Neben ihrer langjährigen Tätigkeit als Seminarleiterin für den v.f.h. und andere Bildungsträger hat sie vielerlei Praxiserfahrungen in der Bürgerbeteiligungsarbeit sammeln können. Zuletzt hat sie an dem mehrstufigen Bürgerbeteiligungsprojekt „Ruhrgebiet besser machen“ der Brost-Stiftung mitgearbeitet.
Literaturhinweise
- Visotschnig, E., & Schrotta, S. (2005). Das SK-Prinzip: Wie man Konflikte ohne Machtkämpfe löst. Berlin: Carl Ueberreuter Verlag.
- Visotschnig, E. (2018). Nicht über unsere Köpfe: Wie ein neues Wahlssystem die Demokratie retten kann. München: oekom Verlag.
- Berger, D. (2019). Das Munderfinger Bürgerbeteiligungsmodell – wie Betroffene mitentscheiden. Gemeindeamt Munderfing & BK Business Konsens: Munderfing.
Organisatorische Hinweise
Die WochenendAkademie Politik richtet sich an junge Erwachsene ab 18 Jahren. Die Teilnahme am gesamten Programm sowie die Übernachtung in der Tagungsstätte sind verbindlich. In der Seminargebühr sind Übernachtung und Verpflegung (Vollpension) enthalten. Die Seminargebühr wird bar auf dem Seminar entrichtet. Die Reisekosten sind selbst zu tragen und zu organisieren.